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Seit 2004 ruft der Deutsche Kinderschutzbund jedes Jahr am 30. April zum „Tag der gewaltfreien Erziehung“ auf. Damit möchte er auf das im Jahr 2000 verabschiedete Gesetz aufmerksam machen, das die Würde der Kinder unantastbar macht.
„Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“ (§ 1631 BGB, Abs. 2)
Na klar, werden Sie sagen, physische Gewalt lehnen wir doch alle ab. Aber erstaunlicherweise gibt es unterschiedliche Wahrnehmungen, wo physische Gewalt anfängt. Wie beurteilen Sie beispielsweise einen nassen Waschlappen im Gesicht eines schreienden Kindes? Was ist mit einem nassen Handtuch? Wie schätzen Sie es ein, wenn ein wütendes Kind zur Beruhigung unter die Dusche gestellt wird?
Was ist psychische Gewalt?
Auch in der Beurteilung psychischer Gewalt herrscht keine Einigkeit. Grundsätzlich lehnen wir sie natürlich ab. Aber ist uns in jeder Situation klar, wie schnell eine Kinderseele verletzt werden kann? Nach Marshall B. Rosenberg kann Gewalt schon ein Vergleich sein: „Schau mal, wie schön das der Leo macht. Du musst Dir mehr Mühe geben.“ Als Gewalt kann aber auch eine angedrohte „Konsequenz“ empfunden werden: „Wenn Du den Teller nicht abräumst, bekommst Du keinen Nachtisch.“ Als Gewalt kann auch eine Bevormundung empfunden werden: „Ohne Jacke darfst Du nicht raus gehen.“ Nach Rosenberg können alle Dominanzstrategien (s. auch hier) als Gewalt empfunden werden.
Ganz schön erschreckend, denn so eine Dominanzstrategie kommt einem recht leicht über die Lippen. Um diese zu vermeiden, bietet die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) mit dem Selbstausdruck eine gute Lösung.
Dennoch fürchte ich, selbst wenn wir uns noch so sehr bemühen, im Kita-Alltag, unter Druck, wenn tausend Dinge zu erledigen sind, alle auf einmal etwas von uns wollen, schaffen wir es nicht immer im Selbstausdruck zu formulieren. Keiner von uns ist Superman oder Superwoman. Das ist die traurige aber realistische Nachricht.
Entscheidend ist die gute Beziehung
Und doch ist die Situation nicht hoffnungslos. Denn ich glaube, dass die Beziehung, die wir zu unseren Kindern haben, entscheidend ist, ob unsere Sprache nachhaltig verletzten kann. Eine gute Beziehung braucht allerdings unser Bewusstsein, unsere Verantwortung und Zeit. Für eine tragfähige Beziehung zu den uns anvertrauten Kindern braucht es demnach das Gesamtkonzept der gewaltfreien Kommunikation. Und das ist eben nicht nur eine Kommunikationsmethode, sondern eine Lebenshaltung.
Wenn die Beziehung grundsätzlich geprägt ist von Achtsamkeit, Respekt und Augenhöhe und wenn wir uns täglich um eine gute Beziehung, einen guten Kontakt zu unseren Kindern bemühen, dann können wir unsere Kinder auch mit einem Vergleich, einer Bevormundung oder einer Zurechtweisung, die im stressigen Alltag vorkommen können, gar nicht verletzen.
Bleiben Sie dran. Es lohnt sich!
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