Spielzeugtag in der Froschgruppe. Stolz präsentieren die Kinder untereinander ihre Spielsachen, die sie von zu Hause mitbringen durften. Paul hat seinen SEK Einsatzwagen mitgebracht. Max ist davon sehr beeindruckt. Er hat Glück. Paul leiht ihm das Gefährt. Aber gut aufpassen solle Max.
Max saust mit dem Wagen eine ganze Weile durch den Flur. Ein Einsatz jagt den nächsten. Dann sieht Martina, die Erzieherin, Max am Basteltisch. Max brauche wohl mal `ne Pause von der anstrengenden Polizeiarbeit, denkt sich Martina.
Dann steht irgendwann Paul vor ihr. Während ihm eine Träne herunterkullert, reicht er Martina seinen SEK Einsatzwagen. Ein Seitenspiegel ist abgebrochen. Paul hat den Wagen so im Flur gefunden. Er ist traurig. Als Martina Max fragt, ob ihm der Spiegel beim Spielen abgefallen sei, schüttelt dieser den Kopf. Nein, als er ihn geparkt habe, sei der Seitenspiegel noch dran gewesen.
Zum Glück lag der Spiegel im Wagen. Martina versichert Paul, dass man diesen mit Spezialkleber wieder ankleben könne. Paul sieht nicht mehr so schwarz und verschwindet irgendwann in der Hasengruppe, um dort mit Lukas zu spielen.
Martina ist unschlüssig. Natürlich verdächtigt sie Max. Aber was soll sie tun? In der Kaffeeküche trifft sie Susanne. Susanne ist die Leiterin der Einrichtung. Sie hat den Vormittag am Telefon verbracht. Susanne erzählt Martina, dass sie, während sie vorhin telefonierend durch den Flur lief, Max dabei beobachtet habe, wie ihm der Spiegel bei einem wilden Manöver abgebrochen sei. Er habe dann den Wagen geparkt, den Spiegel hineingelegt und sei dann in die Froschgruppe zurückgewuselt.
Martina ist schockiert. „Da lügt der Fratz mir doch frech ins Gesicht. Das gibt es doch nicht!“ Entschlossen stellt sie die Kaffeetasse ab. „Na warte, der soll mich kennenlernen.“ Empört will sie sich auf den Weg zurück in die Gruppe machen. Da hält Susanne sie auf. Sie hat unlängst ein GFK-Training absolviert und ist nachdenklich. Warum sagt Max nicht die Wahrheit? Was bräuchte Max um die Wahrheit sagen zu können? Susanne denkt laut nach: „Jemand, der lügt, traut sich vielleicht nicht die Wahrheit zu sagen. Vielleicht hat er Angst vor Bestrafung. Er bräuchte also Sicherheit und Vertrauen, dass ihm keine psychische und physische Gewalt droht.“ Nun ist Martina nachdenklich. So hat sie das noch nie gesehen. Lügen als Hinweis für fehlende Sicherheit, fehlendes Vertrauen. Sie möchte unbedingt, dass „ihre“ Kinder sich bei ihr sicher fühlen. Sie ist enttäuscht, dass Max diese Sicherheit offensichtlich bei ihr nicht hat.
Sie geht zu Max. Die beiden suchen sich eine ruhige Ecke. Martina sagt ihm, dass sie wisse, dass Max den Spiegel abgebrochen habe. Und sie sagt ihm auch, dass sie traurig sei und befürchte, dass Max kein Vertrauen zu ihr habe. Weiter sagt sie ihm, wie wichtig es ihr sei, dass alle Kinder in ihrer Gruppe sich ihr anvertrauen können. Und sie sagt ihm auch, wie wichtig ihr Ehrlichkeit sei. Dann besprechen die beiden, was in der Froschgruppe passiert, wenn einem Kind etwas kaputt geht: informieren, Lösungen suchen, überlegen, wie das nicht mehr passieren kann. Keine Vorwürfe, keine Strafen.
Max sieht Martina fest an. Dann sagt er, dass er den Wagen kaputt gemacht habe. Aus Versehen. Und er schlägt vor, dass sein Papa den Wagen reparieren könne.
Martina wertschätzt den Vorschlag und fragt dann noch „Kommst Du beim nächsten Mal direkt zu mir?“ „Ja!“ sagt Max und lächelt sie erleichtert an.
Lügen ist eine Strategie. Überlegen Sie sich bei einem Kind, das lügt, welches Bedürfnis es sich damit erfüllt. Suchen Sie gemeinsam mit dem Kind eine neue Strategie, sich dieses Bedürfnis zu erfüllen. Für das Kind kann das ein Meilenstein in der Entwicklung sein und für Sie eine weitere kleine Sternstunde, die Ihrer Arbeit Sinn gibt.
Bleiben Sie dran. Es lohnt sich!
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